Donnerstag, Januar 08, 2009

Streiflicht: Tod eines Zockers

Adolf Merckle, 74 Jahre jung, leidenschaftlichen Familienunternehmer, verzockte an der Börse Liquidität und den Ruf, warf sich vor einen Zug. Der schnelle Tod und rücksichtslos, wenn ihm belanglos war, wie es dem Lokführer geht.
100.000 Menschen in seinem Imperium. Kann darin der Einzelne dem Schicksal entgehen, solchen Machern nur noch statistische Größe zu sein? Kaum zu ermessen, schon wenn nur 70 sind, und doch ist "mit vier, fünf Mann" keine Milliarde oder Weltkonkurrenz zu machen. Macht ist verführerisch, den Überblick zu verlieren, auf solche Aspekte zu reduzieren, die Macht zu sichern, zu mehren. Entweder kommt Gespür, dass zu viel Macht zwangsläufig abhängig macht und auch die eigene Freiheit zerstört oder es bleibt unbemerkt, verdrängt, ertränkt im Rausch der Effizienz und des Strebens nach Omnipotenz; letzte Grenzen mit Gott überwindend.
Ihn habe gequält, ein "Zocker" genannt worden zu sein. Was wollte er sein? Spekulierte er auf Gewinne von Unternehmen, deren Aktien er kaufte? Wohl kaum, denn ein Mehrwert aus Arbeit war angesichts der weltweit sichtbaren Überkapazitäten kaum noch zu erwarten, Dividenden zu klein. So spekulierte er auf fallende und steigende Werte von Papier, spekulierte darauf, dass sich seine Gegenüber verspekulieren. Mithin keine Investition, keine Wirtschaft, sondern Glücksspiel, bei dem einer verliert, was der andere gewinnt: ohne Mehrwert, ohne "Ausbeutung" von Arbeitskräften, aber über Vermögen und Existenzgrundlagen entscheidend. Das wird "Zocken" genannt. Er zerbrach nicht an Kritik, sondern daran, was daran stimmt.
Aber die Kritik stimmt nur zum Drittel, denn moralisch macht es keinen Unterschied, ob in solch Spiel jemand gewinnt oder verliert, sondern die Teilnahme und die Erlaubnis.
Darum gehören die "Finanzgenies" von Porsche nicht minder geschmäht als der Verlierer. Und zum Dritten: Niemand sollte Spieler schmähen, der ihr Spiel für alternativlos hält, als sei Welt, Wirtschaft und moderner Mensch ohne Poker mit Gesellschaftsvermögen unmöglich
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