Presseerklärung - Berlin, 7. Dezember 2004
Das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen tritt am 8. Dezember 2004 in Kraft. Es setzt die EU-Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher in deutsches Recht um.
Ab morgen ist besser geschützt, wer Kredite per Post aufnimmt, eine Versicherung oder einen Rentenvertrag im Internet abschließt oder eine Geldanlage per Fax erwirbt. Die Anbieter sind zu umfassender Information verpflichtet. Den Verbraucherinnen und Verbrauchern steht grundsätzlich ein vierzehntägiges Widerrufsrecht – wie auch im Versandhandel – zu. „Die neuen Vorschriften stärken das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher bei Finanzgeschäften am Telefon oder per Mausklick“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. „Anbieter von Finanzdienstleistungen im Fernabsatz können sich nun auf europaweit einheitliche Anforderungen einstellen. Damit schaffen wir die Voraussetzungen, dass die Chancen moderner Informationstechnologien wirklich genutzt werden können.“
Die bisher geltenden Vorschriften über Fernabsatzverträge klammerten nach der „allgemeinen“ Fernabsatzrichtlinie von 1997 Finanzdienstleistungen aus. Die Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen und ihre Umsetzung schließen eine Lücke im Verbraucherschutz. In der Praxis stellt sich eine von den neuen Vorschriften erfasste Transaktion ab morgen wie folgt dar:
Ein Verbraucher will im Internet ein Sparkonto eröffnen. Er erhält vor Vertragsschluss umfassende Informationen vom Anbieter, z. B. zu Ansprechpartnern, Produkt (z. B. Zinssätze, Kündigungsfristen) und Vertragsmodalitäten. Diese Informationen werden dem Verbraucher auch in Textform – mittels Papier oder E-Mail – mitgeteilt. Selbstverständlich gelten sonstige Anforderungen an das Geschäft, bei einer Kontoeröffnung etwa hinsichtlich der Identifizierung, weiter.
Der Verbraucher kann den Vertrag grundsätzlich binnen zwei Wochen widerrufen. Hat er allerdings nicht alle Informationen ordnungsgemäß erhalten, besteht sein Widerrufsrecht unbegrenzt. Hat der Verbraucher den Widerruf fristgemäß erklärt, wird der Vertrag rückabgewickelt. Wenn der Verbraucher in dem genannten Beispiel bereits Beträge auf das Konto eingezahlt hat, erhält er diese zurück. Sollte ein Verbraucher ein Darlehen aufgenommen haben, muss er den Kreditbetrag zurückzahlen; die zwischenzeitlich angefallenen Kreditzinsen muss er allerdings nur dann bezahlen, wenn er zuvor darauf hingewiesen worden ist.
Kein Widerrufsrecht hat ein Verbraucher, der etwa Aktien oder andere handelbare Wertpapiere per Telefon oder im Internet gekauft hat. Denn deren Preis unterliegt auf dem Finanzmarkt Schwankungen, die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können. Das Widerrufsrecht soll den Verbraucher nur vor übereilter Entscheidung schützen, ihm jedoch nicht Gelegenheit zu Spekulationen geben. Der Verbraucher kann den Vertrag auch dann nicht widerrufen, wenn er bereits beiderseitig erfüllt worden ist und der Verbraucher dem ausdrücklich zugestimmt hat.
Sollten Streitigkeiten aus dem Geschäft entstehen, kann der Verbraucher eine Schlichtungsstelle anrufen. Diese wird bei der Deutschen Bundesbank eingerichtet; einbezogen werden auch die Verbände des Kreditgewerbes, die bisher bei der Schlichtung von Streitigkeiten aus Überweisungen beteiligt waren. Damit wird das aus dem Überweisungsbereich bewährte Streitbeilegungsmodell weiter ausgedehnt.
Auch wenn Versicherungsverträge im Fernabsatz – z. B. am Telefon oder durch E-Mail – abgeschlossen werden, sind die Informationspflichten zu beachten; dies wird durch Änderungen des Versicherungsvertragsgesetzes geregelt. Bei nicht vollständiger oder fehlerhafter Information kann der Versicherungsnehmer den Vertrag auch nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist widerrufen, sofern er noch keine Versicherungsleistungen in Anspruch genommen hat. Die für das erste Jahr gezahlten Prämien und die auf die Zeit nach dem Widerruf entfallenden Prämien sind dann zurück zu erstatten. Für Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Fernabsatz von Versicherungen erfolgt die außergerichtliche Streitschlichtung durch die Versicherungsombudsmänner.
Versandkunden tragen Rücksendekosten bei Ware bis 40 Euro
Das Gesetz ändert auch die bisherige Regelung zu den Rücksendekosten im Versandhandel bei Ausübung des Widerrufsrechts. Nunmehr können den Bestellern die regelmäßigen Kosten der Rücksendung vertraglich auferlegt werden, wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn bei einem höheren Preis die Besteller die Gegenleistung oder eine Teilzahlung zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht erbracht haben. Eine Belastung mit den Rücksendekosten ist jedoch ausgeschlossen, wenn die gelieferte Ware nicht der bestellten entspricht. „Die neue Regelung verhindert, dass einzelne Kunden Ware in großem Stil bestellen, um sie dann postwendend zurückzuschicken“, erläuterte Zypries.